Dienstag, 31. März 2015

DIE SCHRECKLICHEN CHATTEN: TACITUS, GERMANIA 31

Et aliis Germanorum populis (Und bei (von) anderen Völkern der Germanen; dat. auctoris) usurpatum (ein angenommener Brauch) raro et privata cuiusque audentia (selten und aufgrund des Wagemuts eines jeden) apud Chattos in consensum vertit (wurde bei den Chatten allgemein üblich): ut primum adoleverint (sobald sie heranwachsen; herangewachsen sind), crinem barbamque submittere (lassen sie Haar und Bart lang wachsen) nec (und nicht) nisi hoste caeso (außer nachdem sie einen Feind getötet hatten) exuere (legen sie ab) votivum (die geweihte) obligatumque virtuti oris habitum (und der Tapferkeit verpflichtete Tracht ("Erscheinung") des Gesichtes). Super sanguinem et spolia (Über Blut=dem getötete Feind und Kriegsbeute (stehend)) revelant frontem (machen sie die Stirn frei) seque tum demum (und daß sie dann erst) pretia nascendi rettulisse (den Preis für ihr Dasein zurückgegeben haben; bezahlt haben) dignosque patria ac  parentibus (und daß sie der Heimat und der Eltern würdig) ferunt (sagt man; erzählt man); ignavis et imbellibus (den Feigen und Kriegsscheuen) manet squalor (bleibt dieser "starrende Schmutz der langen Haare"; das "wüste Aussehen"). Fortissimus quisque ("Jeder Tapferste"=gerade die Tapfersten) ferreum insuper anulum (darüber hinaus; obendrein einen eisernen Ring) (ignominiosum id genti (dies ist sonst eine Schande bei dem Stamm) velut vinculum (wie eine Fessel) gestat (trägt; tragen), donec (bis) se (er sich) caede hostis (durch einen Mord an einem Feind) absolvat (er sich davon löst). Plurimis Chattorum (den meisten (der) Chatten) hic placet habitus (gefällt dieses Erscheinungsbild), iamque (und schon) canent (werden sie grau; alt) insignes (so gekennzeichnet) et hostibus simul suisque monstrati (und bewundert von den Feinden (dat auct.) und zugleich von den Ihren=den Stammesmitgliedern). Omnium penes hos initia pugnarum (bei diesen sind die "Anfänge" aller Kämpfe; sie eröffnen den Kampf); haec prima semper acies (dies ist immer die erste Reihe; sie bilden immer die erste Reihe), visu nova (ungewöhnlich; schrecklich zu sehen); nam ne in pace quidem (denn nicht einmal im Frieden) vultu mitiore mansuescunt (bequemen sie sich zu einem friedlicheren Aussehen; Äußeren; "werden sie sanft durch..."). Nulli domus (Niemandem ist ein Haus; keiner besitzt ein Haus) aut ager (oder ein Feld) aut aliqua cura (oder irgendeine Besorgnis=etwas, wofür man sorgen muß): prout (je nachdem; wie) ad quemque venere (zu jedem; einem jeden sie gekommen sind; kommen), aluntur (werden sie ernährt; verpflegt), prodigi alieni (verschwenderisch mit fremder Habe), contemptores sui (Verächter der Ihren; ihrer eigenen Habe), donec exsanguis senectus (bis (daß) das kraftlose Alter) tam durae virtuti impares faciat (sie einem heroischen Leben (das auf "virtus" aufbaut) nicht mehr gewachsen sein läßt; sie für "hartes Kriegertum" untauglich macht.)---
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Was soll man dazu sagen?
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TACITUS: GERMANIA, Text und Erläuterungen; Hirschgraben Verlag.
TACITUS: GERMANIA, Rowohlts Klassiker.
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by decurio (Chattus by birth)








Mittwoch, 11. März 2015

DAKERKRIEGE 3

TRAIANUS belli pacisque consilia rebus intestinis (domesticis) anteponere solebat. Id studebat, ut limites propagaret. Qua de causa duo bella gesserit, alterum contra Dacos (101-106), qui trans Danuvium colebant, alterum contra Persas in oriente (113-117). Ad haec proposita perficienda Traiano et exercitu valido et ducibus fortissimis ac rei militaris peritissimis opus erat. Inter eos L. LICINIUS SURA erat, cui senatus "ornamenta triumphalia" dedit et qui comes imperatoris bello Dacico intererat. Alii fortes duces LUSIUS QUITEUS, CORNELIUS PALMA, MARCIUS TURBO et HADRIANUS erant.
TRAIANUS exercitum aliquanto (non mediocriter) auxit duabus legionibus novis (II Traiana et XXX Ulpia), multis cohortibus alisque. Etiam novam cohortem praetorianorum conscripsit. Tandem equites singulares effecit, qui plerumque ex civitate Batavorum erant.
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Quelle: H. Bengtson: Römische Geschichte; Republik und Kaiserzeit bis 284 n. Chr.
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by decurio (copyright)
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Samstag, 28. Februar 2015

DAKERKRIEGE 2

Ausgangspunkt war, wie immer, wenn es losging, VIMINACIUM, Hauptort der Provinz Obermösien. Dort residierte TETTIUS JULIANUS, der Statthalter der Provinz.

Vier Legionen standen bereit: LEGIO I und II ADIUTRIX (letztere kürzlich von Britannien an die schöne Donau verlegt), LEGIO IV FLAVIA und LEGIO VII CLAUDIA.

Frühmorgens war Abmarsch. Die Stimmung war gut, obwohl so mancher noch den Wein von gestern spürte. Zunächst wurden die "Auxilia" (Hilfstruppen) vorausgeschickt. Ihr Job war es zu sichern und das Gelände zu erkunden. Nichts für mich. Ich kämpfe lieber-wie ich schon sagte- mit "gladius" und "pilum, als im Gelände herumzuirren. Also, die "Auxilia" hielten Ausschau nach Hinterhalten (dem Feind war ja nicht zu trauen) und machten, so oft es ging, Meldung.

Wir marschierten ungefähr in dieser Reihenfolge: Auxilia (Bogen, Schleuderer, leichte Infanterie, Reiter)-Vorhut: 1 Legio plus Reiterei-10 Mann/ Zenturie (Transport der Werkzeuge für Lagerbau)-Pioniere-Gepäck des Feldherrn und der Stabsoffiziere plus Eskorte (beritten)-Feldherr plus Leibwache-Legionsreiterei (120/ Legio)-Belagerungswaffen (zerlegt)-Legaten, Tribunen, Praefekten plus Eskorte-Die Legionen: Jeder Legio ging der Adlerträger (aquilifer) voraus, umgeben von Feldzeichenträgern (signiferi) und Trompetern; dann in Sechserreihen die Legionen plus Troß-Nachhut: Leichte und Schwerbewaffnete plus Reiter.

Die Länge des Ganzen: ca. 20 km!

Nachlesen kann man das alles bei FLAVIUS JOSEPHUS, der uns eine Beschreibung der römischen Marschordnung hinterlassen hat.

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Quelle: PETER CONOLLY: TIBERIUS CLAUDIUS MAXIMUS-EIN RÖMISCHER LEGIONÄR.

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Legio)

DAKERKRIEGE 1

Der Kaiser befahl seinen Legionen, eine Brücke über die Donau zu bauen. Der Kaiser, das war MARCUS ULPIUS TRAIANUS NERVA CAESAR AUGUSTUS, ein überaus befähigter und beliebter Feldherr. Er stammte aus Spanien, genaugenommen aus Italica, einer kleinen Stadt bei Sevilla. Ich glaube , das Kaff kennt niemand. Trajan war von seinem Vorgänger, dem langweiligen NERVA, adoptiert worden (daher der Beiname "Nerva" in seinem langen Namen). Nerva hatte nämlich das Prinzip der Adoption eingeführt.

Die Brücke war eine Art Pontonbrücke. Das Prinzip war einfach, pragmatisch, römisch. Wie das funktionierte-sozusagen die Gebrauchsanweisung-beschreibt freundlicherweise um 150 n. Arrianus. Um es kurz zu machen (ich bin nämlich Legionär und kein Techniker): Man verankerte Boote im Fluß und legte eine Fahrbahn darüber. Auf der Trajanssäule, die in späteren Jahren errichtet wurde, um diese Ereignisse festzuhalten, sehen wir eine solche Szene, in der Legionäre auf zwei Schiffsbrücken die Donau überschreiten.

Es sollte gegen die Daker gehen, allesamt finstere und ungewaschene Barbaren, die irgendwo in den Wäldern der Karpaten hausen, wo eigentlich kein Mensch hin will. Viele von uns übrigens auch nicht, denn bei denen gibt es sicher keine Tavernen mit schönen Frauen und Thermen wie bei uns. Wahrscheinlich auch kein Wein, was das Schlimmste ist. Man erklärte uns, daß es politische Gründe gebe, dort einzumarschieren. Nun, ich bin ein einfacher Legionär und verstehe von Politik nichts. Ich kann besser mit dem "gladius" und dem "pilum" umgehen. Wir alle denken aber, der Kaiser wird seine Gründe haben, und Befehl ist schließlich Befehl. Das ist Ehrensache. Als man uns sagte, daß man Kriegsruhm erwerben könne und es dort viel zu holen gebe, waren wir dann aber doch sofort Feuer und Flamme, vor allem wegen letzterem. Doch zurück zu den Dakern! Ihr "König"-jedenfalls schimpfte er sich so-hatte den unaussprechlichen Namen "Decebalus". Decebalus hatte schon einmal Ärger gemacht, das war vor 16 Jahren. Damals war er über die Donau vorgestoßen. Jetzt sollte es dem Dreckskerl ans Leder gehen.

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Samstag, 14. Februar 2015

NERVA, DER "UNIMPOSANTE BÜROCHEF" (NON ILLUSTRIS CAPUT TABULARII) UND TRAJAN, EINER DER FÄHIGSTEN GENERÄLE DES IMPERIUMS

Domitiano de medio sublato Marcus Cocceius NERVA Augustus a senatu factus est. Dazu J. FERNAU: "DA fiel der Blick der Versammlung auf die vertrauenswürdige, in ihrem schönen weißen Haar so repräsentable Gestalt des alten NERVA, und sie faßten den unglaublichen Entschluß, diesen Mann aus ihrer Mitte zum Kaiser zu machen."

NERVA kommt bei FERNAU nicht gut weg: Er nennt ihn einen "unimposanten Bürochef". Dieser sei nicht einmal verrückt geworden, wie es sich gehört, nein, er habe sich sogar üerhaupt nicht verändert! NERVA habe sich darüber hinaus "zeitlebens als dritten Konsul mit besonderen Vollmachten" betrachtet.

NERVA war also schrecklich normal! Er scheint sogar so etwas wie ein Gutmensch gewesen zu sein, denn er errichtete eine Stiftung für arme Kinder (alimentarii pueri et puellae), was irgendwie rührend anmutet.

"Nach anderthalbjähriger Regiewrung, vom September 96 bis Januar 98, legte sich Nerva ergeben hin und verabschiedete sich von dieser Welt; nicht unzufrieden mit sich, womit er vollständig recht hatte."

(J. FERNAU)

Nun läßt sich mit wohlmeinenden Büroleitern und Gutmenschen kein IMPERIUM managen. Dazu bedarf es eines fähigen Miltärs. Ein solcher war TRAJAN. Vollständiger Name: MARCUS ULPIUS TRAIANUS NERVA CAESAR AUGUSTUS IMPERATOR (langer Name; langes Klingelschild; etwas umständlich bei Autogrammen). Dazu wieder FERNAU:

"Trajan war zu der Ehre der Adoption gekommen wie die Jungfrau in dem berühmten Sprichwort. Die Nachricht erreichte ihn in seinem Heerlager in Köln."

TRAJAN wollte das Reich vergrößern. Zu diesem Zweck schlug er sich von 101 bis 106 n. mit den Dakern an der unteren Donau herum. Dazu JAMES L. STEFFENSEN:

"Die Kampfmoral der römischen Legionen war hervorragend, und sie dienten gern ihrem Kaiser, der ein ausgezeichneter Befehlshaber war. Als sie nach Italien zurückkehrten, war Dakien eine römische Provinz."

So macht man das!

Ein Feldzug gegen die Parther lief nicht so gut. Auf dem Rückmarsch starb TRAJAN in Kilikien. Dies war im Jahr 117 n. Chr.

TRAJAN war ein "leidenschaftlicher Soldat".

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(Meine Schüler sind leidenschaftliche Drückeberger und gehören allesamt gespankt-der Papst hat's ja erlaubt. Oh happy day!)

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J. FERNAU: CAESAR LÄSST GRÜSSEN-DIE GESCHICHTE DER RÖMER-
ILLUSTRIERTE WELTGESCHICHTE BD. 3: JAMES L. STEFFENSEN: DAS ALTE ROM (enthält viele schöne Zeichnungen)

decurio




Montag, 26. Januar 2015

C. CANDIDIUS CALPURNIANUS

C. CANDIDIUS CALPURNIANUS war DECURIO (Stadtrat) von LOPODUNUM (Ladenburg) und NOVIOMAGUS (Speyer). LOPODUNUM war Hauptort der CIVITAS SUEBORUM NICRETIUM und NOVIOMAGUS der CIVITAS NEMETUM. CIVITATES waren Selbstverwaltungsbezirke einer römischen Provinz. C. C. C. war Kelte aus einer angesehenen Familie. Er besaß das römische Bürgerrecht. Seine Mutter stammte aus der "gens Calpurnia". Zunächst war C. C. C. AEDIL (Polizei, Marktaufsicht). Er habe sich nie bestechen lassen, so behauptete er wenigstens. Nun ja, wer's glaubt, wird selig. Dann war er DUOVIR IURE DICUNDO (=Bürgermeister). Voll des Danks machte er jede Menge Geld für das Theater in LOPODUNUM locker. Schließlich kam er in den ORDO DECURIONUM (Stadtrat). Da er andere DECURIONES kannte, baten die ihn, Mitglied in ihrem Verein zu werden. Überwältigt von so viel Gunst des Schicksals, stiftete C. C. C. in Heidelberg auf dem Heiligenberg dem keltischen Gott VISUCIUS einen Tempel plus Standbild.

INSCHRIFT DES C.C. C.: CIL 6404; Reiß-Museum Mannheim:

VISUCIO AEDEM CUM SIGN(O) C. CANDIDIUS CALPURNIANU(S) D(ECURIO) C(IVIUM) C(IVITATIS) S(UEBORUM) N(ICRETIUM) ITEM DEC(URIO) ((C(IVIUM,) C(IVITATIS) NEMET(UM) FE(CIT).

=Dem (Gott) Visucius stiftete ("machte"; ließ bauen; errichten) C. C. C., Ratsherr der Bürger der Stadt der Neckar-Sueben und ebenso Ratsherr der Bürger der Stadt der Nemeter einen Tempel mit einem Standbild (Kultbild).

Visucius war "happy", und C.C.C. waltete hoffentlich noch lange seines Amtes. Natürlich, ohne sich bestechen zu lassen.

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Quelle: ROSEMARIE GÜNTHER: DAS MANNHEIMER RÖMERBUCH

Montag, 19. Januar 2015

VARUSSCHLACHT: MAULTIER ALS UNFREIWILLIGER KRIEGSTEILNEHMER

Unfreiwilliger Kriegsteilnehmer bei der "Varusschlacht" war ein Maultier, das nach 2000 Jahren wieder ans Tageslicht kam. Rekonstruktion des Geschehens:

Am letzten Tag der Schlacht hatten sich die Germanen am Engpass von KALKRIESE hinter einem Wall verbarrikadiert. Die Wallanlage wies Tore auf, durch die die Germanen den Heereszug der Römer attackierten und sich danach wieder schnell zurückzogen. Auf der rechten Seite gab es ein Moor. Das Gelände war also für die Römer ungünstig, da sie sich nicht formieren konnten. Hinzu kam tagelanger Regen, der die Schilde unbrauchbar gemacht hatte.

Im allgemeinen Chaos geriet das Maultier in Panik und riß sich vom Wagen los. Das Tier rannte durch die Reihen der Römer auf den Wall zu. Auf dem rutschigen Boden stolperte es über die eigene Kette und fiel zu Boden (Genickbruch!). Der Kadaver wurde teilweise durch den Wall verschüttet und teilweise von wilden Tieren gefressen. Auffallend war der große Phosphorgehalt des Bodens, der entweder auf die vielen Erschlagenen zurückzzuführen ist oder auf Düngung.

Unter dem Wall wurden noch weitere Maultiere gefunden, allesamt Stuten. Eines davon war vier Jahre alt. Die ersten drei Lebensjahre hatte es im Mittelmeergebiet verbracht, was von H.-P. UERPMANN durch die Sauerstoffisotope der Zähne festgestellt wurde. Neben einem Tier, das fünf Jahre alt war, fand man einen Bronzeglocke. Der Kupfergehalt der Glocke verhinderte die Auflösung der Knochen. Die Glocke war kaputt, wurde repariert, mit Erbsenstroh ausgestopft und als Deichselkappe verwendet. Unglaublich, was die Arcäologen alles herausfanden! Sie konnten sogar die Herkunft des Erbsenstrohs ermitteln: Es stammte aus Gallien.

---decurio