Montag, 8. Februar 2016

GELDUBA: VON SPARGELBAUERN, RÖMERN, FRANKEN UND EINEM WISSENSCHAFTLER, DER GERN "EINEN INS HORN TUTET".

Wo heute Kefeld-Gellep liegt, befand sich zur Römerzeit das KASTELL GELDUBA. Es war eines "jener festen Plätze, die die Lücken zwischen den großen Festungen an der 'nassen Grenze' ausfülllten." Die Ansiedlung wird in antiken Quellen mehrmals genannt. PLINIUS d. Ä. z.B. überliefert uns das "wissenswerte" und amüsante Detail, daß KAISER TIBERIUS von dort eine Rübenpflanze bezog, die auf dem Sandboden der Umgebung gut gedieh. Bei TACITUS lesen wir weniger Erfreuliches: GELDUBA war nämlich während des BATAVER-AUFSTANDES hart umkämpft. Und für die Spätezeit erfahren wir aus einem Reisehandbuch, daß dort eine Ala lag. Das Lager war bis zum Abzug der Römer belegt und wies sieben Bauschichten auf. Das ergaben Grabungen nach dem 2. Weltkrieg. Die Äcker von Gellep sind reich an Bodenfunden. So fanden die Spargelbauern von Gellep und Stratum sehr viele Münzen, Tongefäße und Bronzen sowie ein glasiertes Tongeschirr, das bislang nur hier vorkommt. R. PÖRTNER spricht von einer "ausgesprochenen Grenzzonenkultur", in der es auch germanische Einflüsse gab. Doch wo waren die Bodenfunde aus fränkischer Zeit? Hatte nicht die Sprachwissenschaft bewiesen, daß die Gegend in der fränkischen Zeit besiedelt war? Abhilfe brachte erst ALBERT STEEGER. R. PÖRTNER nennt ihn einen "passionierten Bodenforscher, der den heute so selten gewordenen Typ des Autodidakten der Archäologie zu seiner Zeit wie kaum ein anderer vertrat." Von Beruf Schulmeister, promoviert er über die Eiszeit am Niederrhein. Durch POF. DR. AUGUST OXÉ, "einem verdienten 'Oldtimer' der deutschen Archäologie" wurde er für die Altertumswissenschaft gewonnen. Dieser zog ihn um 1930 bei seinen Grabungen am Kastell GELDUBA hinzu. A. STEEGER hatte anscheinend einen "guten Draht" zur dortigen Bauernschaft. Vielleicht kam ihm seine Bewältigung des "plattesten Platt" dabei zu Hilfe. Jedenfalls rückten die Bauern mit so manchem heraus, was sie normalerweise verschwiegen hätten. Auch mit den Krefelder Bürgern kam er gut zurecht. Wahrscheinlich half dabei so manche Flasche guten Weins, "denn"-so PÖRTNER-"er war kein Kostverächter und liebte es, 'einen ins Horn zu tuten'. Passend dazu war sein schönster Fund ein fränkischer Rüsselbecher. A. S. war ganz Praktiker und alles andere als Schreibtischwissenschaftler. Von Organisation hielt er allerdings wenig! Weder hatte er ein Vorzimmer noch eine Sekretärin. Er war immer tätig, auch wenn er abends im Zug nach Kempen fuhr, "wo er sich fern der Großstadt eingenistet hatte". Seine musealen Bestände habe er übrigens "nahezu geräuschlos" vergrößert. Nach WILHELM SCHÄFER habe er einen goldenen Löffel in der Hand gehabt und sei so "zu einem Schatzgräber von größtem Ausmaß geworden". Besonders die Entdeckung des Gelleper Gräberfeld legt Zeugnis für seinen "guten Riecher" ab. Eines schönen Tages erfuhr er, daß so ein Spargelkopf sich eine Privatsammlung zugelegt hatte. A. S. ging der Spur mit detektivischem Spürsinn nach. Der Spargelzüchter hatte im Schrank verrostete fränkische Waffen gehortet, die dieser fast schon vergessen hatte. Auf diese Weise erfuhr er den Fundort und "daß der fragliche Acker schon mancherlei Altsachen hergegeben hatte."
A. S. fing im Frühjahr 1934 an zu graben. Schon bald hatte er drei fränkische Friedhöfe ausgebuddelt ("einen in Stratum, zwei in Gellep"). Einer von diesen war der berühmte Gelleper Spielberg (Gellep II). Ende des Jahrzehnts waren 100e von Gräbern untersucht. Reiche Funde wurden gemacht: Langschwerter, Dolche, Tonschalen, Glasbecher, Münzen. Ergebnis: "Das Gräberfeld" war "sogar in der spätrömisch-frühfränkischen Übergangszeit kontinuierlich belegt". A. S. sprach von der "Lücke des 5. Jahrhunderts" und davon, "daß die Bodenforschung...keine wichtigere Aufgabe habe als die Aufhellung jener Übergangszeit vom Altertum zum frühen Mittelalter". Als Hauptergebns hielt er fest, "daß hier in Gellep die Bodenforschung endlich eindringen konnte in den dunkelsten Abschnitt unserer Geschichte, in die entscheidenden Jahrzehnte des 5. Jahrhunderts nach dem Zusammenbruch der Römerherrschaft."-Kurzum-so A.S.: "Das 5. Jahrhundert fand nur in Krefeld statt."
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 RUDOLF PÖRTNER: DIE ERBEN ROMS

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